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Wie ich wurde, was ich bin: Mein Weg zur schreibenden Grafikerin

Mein Weg zur Gestaltung, Grafik und Textliebe.

An einen Berufswunsch aus meiner Kindheit kann ich mich nicht erinnern. Aber alles, was man gestalten kann, hat mich schon immer fasziniert. Glückliche Wendungen (oder war es eine Wende?) haben mich in die – wie ich heute weiß – beste Richtung gelenkt. Ich lebe das Gestalten und das Schreiben beruflich und privat. Was kann es Besseres geben?

1. Als ich klein war: Liebe am Gestalten 

Bereits im Kindergarten habe ich es geliebt, kleine Bücher selbst zu gestalten. Einfach ein paar Blätter falten, ineinanderlegen und die Seiten füllen. Alles, was Formen und Farben hervorbrachte, habe ich mit Leidenschaft gemacht. Ich habe gestempelt, gekritzelt, gemalt, gezeichnet. Leider konnte ich diesen Drang zu Hause nicht wirklich ausleben, da ein atelierartiges Kreativchaos nicht erlaubt war. 


2. Die Schulzeit: Kreativität will gelernt sein – und gewollt

Unsere Kunstlehrerin war wirklich eine Künstlerin. Es war alles sehr abstrakt, es wurde wenig erklärt und dann gemäkelt, dass wir Kinder es nicht hinbekommen haben – frustrierend. Zu dieser Zeit habe ich Bilder mit Worten gemalt – ich habe keine Büchlein mehr gebastelt, sondern kleine Geschichten geschrieben und illustriert. Die wirkliche Lust am Gestalten hat mir der Kunstunterricht vorm Abitur wiedergegeben. Hier durften wir ausbrechen, uns ausprobieren und den Leitsatz leben “Ihr könnt machen, was ihr wollt, nur erklären müsst ihr es können” – herrlich!

Wilde Zeiten zwischen Abitur und Ausbildung. Ein bisschen rebellieren, mich definieren und rumprobieren – wild eben.

3. 1995 bis 1997: Ausbildung analog

Das erste Mal weg von zu Hause, weg von der einengenden Kleinstadt, weg von der heimischen Ordnung, mich selbst organisieren und echt viel lernen. Es war ein großes Glück, dass ich nach der Wende frei war, mir meinen beruflichen Weg auszusuchen. Und es war ein weiteres großes Glück, dass diese Ausbildung im Beruflichen Schulzentrum in Plauen mit einem Minimum an Digitalisierung umgesetzt wurde. Von Zeichnen über analoges Fotografieren bis Linolschnitt, z. B. bei Andreas Rudloff, haben wir dort noch richtiges Handwerk gelernt.


4. Zur selben Zeit: Schreiben wie ein Mönch

Die Schriftgestaltung hatte es mir besonders angetan. Dort habe ich zum ersten Mal einen Mentor gefunden, der mir Mut gemacht hat. Und er hat mich gequält mit scheinbar stupiden Übungen. Ich schrieb im Stehen am Pult und lernte Motorik neu bis aus dem Gekrekel ein Schriftbild wurde. Die Kalligraphie vereint das Schreiben und Gestalten … es hat mich nie losgelassen.

Die Kalligraphie ist seit meiner Ausbildung Teil meines Lebens. Links ein selbst konstruiertes Alphabet aus der Lehrzeit, in der Mitte eine Arbeit, die ich 1998 in einem Kurs geschrieben habe und rechts eine Faltkarte von 2020.

5. 1997: Der große Wandel

Meine Eltern zogen aus dem Erzgebirge nach Köln – und ich mit. Ein Kulturschock! Ich war ganz leise, habe mich nicht getraut, meine Meinung zu vertreten und mich für meine Belange einzusetzen. Ich war sehr einsam und habe mich in meine Welt zurückgezogen, habe gezeichnet, kalligraphiert, gemalt und gelesen, gelesen, gelesen. 


6. 1998 bis 2000: Im Praktikum gefangen

So habe ich in meiner ersten Arbeitsstelle ein Mäuschen-Dasein geführt, fühlte mich den Umständen ausgeliefert und ich dachte, dass ich nichts kann, denn die Arbeitswelt war digital. Hier kam ich mit Kartoffeldruck nicht weiter, aber ich lernte schnell und mit Begeisterung, wie Gestaltung am Computer funktioniert, wie man Messestände konzipiert, organisiert und aufbaut, wie sich Texte und Bilder zu stimmigen Layouts fügen. Zwischenmenschlich war dieser Lebensabschnitt furchtbar, denn ich war allein mit mir und meinen Zweifeln. Ich musste dringend die Tapeten wechseln.


7. 2000: Das Agenturleben mit Azubi

In einer Agentur mit eigenem Büro – ein wunderbares Gefühl. Leider fehlte die Ausstattung, sodass ich mit viel Improvisation und Geduld die Designprojekte umgesetzt habe. Es war stressig, anstrengend, aber auch bereichernd und lehrreich – fachlich und zwischenmenschlich. Ich brauchte dringend Unterstützung und bekam eine Praktikantin zur Seite gestellt. Sie wollte bleiben und ihre Ausbildung beginnen. So wurde ich Ausbilderin und hatte wirklich Spaß daran, mein kleines Wissen weiterzugeben und ihr einen geschmeidigen Start ins Berufsleben zu ermöglichen.

Mit der Agentur sind wir zwei Mal umgezogen. Das war die letzte Station. Mein Kellerbüro sah zwar nicht so schön aus, aber ich war froh, dass ich eins hatte.

8. 2001 bis 2010: Art Direktorin

Der Art Direktor ging, ich blieb und übernahm. Es war großartig, direkt mit Kunden zu arbeiten, mit einem Team Erfolge zu feiern. Auch wenn wir intern eher belächelt wurden. Wir haben tolle Projekte umgesetzt und große Veranstaltungen organisiert. Auch das war sehr stressbehaftet und ging wirklich an die Substanz, aber ein erfolgreich abgeschlossener Auftrag und zufriedene Kunden waren es allemal wert.


9. 2007: Eine kleine Familie

Ein holpriger, viel zu früher, Start in ein kleines Leben veränderte alles. Ein Familienleben beginnt und das Arbeitsleben wird angepasst. Lassen konnte ich das Arbeiten aber nicht. Ziemlich schnell war ich wieder in Teilzeit dabei, habe meine Texterfähigkeiten in einem Fernstudium gefestigt und mein Nebenbusiness
Konzept | Grafik | Text gegründet.

Familie und Beruf – irgendwie geht’s. Lösungen mussten her, ich hatte aber auch großes Glück: Kindergartenplatz, nebenberuflich frei und im fest im Verlag vom Homeoffice aus arbeiten. Anfangs haben Groß- und Urgroßeltern geholfen. Danke euch sehr :-*

10. 2010: Die Initialzündung

Ich habe die Agentur verlassen, denn diese Art der Arbeit war zu dieser Zeit nicht mit einem Familienleben vereinbar. Die Idee, es ausschließlich freiberuflich zu versuchen, scheiterte. Mir hätte dabei einfach die Sicherheit gefehlt. Aber ich fasste mir ein Herz und begann die Seminarreihen “Potenzialmanagement” bei Thomas Peltzer und “Personal Mastery” bei der wobkom zu besuchen. Ich beschäftigte mich zum ersten Mal in meinem Leben bewusst mit mir selbst, stellte mich Ängsten, arbeitete an meinen Defiziten und ergründete ihre Ursachen. Gleichzeitig lernte ich Methoden, wie es möglich ist, Potenziale in mir, in Gruppen, in meiner Familie zu entdecken und zu freizusetzen. Diese Erkenntnisse veränderten alles – und vor allem mich.


11. Immer: Foto Foto Foto!

Fotografieren war und ist Leidenschaft. Ein wunderbares Ausdrucksmittel, meinen Blick auf die Welt, einzufangen und zu teilen. Ich liebe die technischen Möglichkeiten mit dem Smartphone, ein paar Apps und den sozialen Medien, der Welt meine Welt zu zeigen. Einzelne Bilder oder die Kombination mit Text lassen ganze Universen im Kopf entstehen. Herrlich. 

Meine Bildergalerie auf dem Smartphone ist bunt und immer überfüllt. Ich halte fest, was ich bemerkenswert finde – jederzeit, überall.

12. 2011: Der Mut, mich zu trauen

Ich brauchte wieder einen Arbeitgeber und fand ihn in einem kleinen Fachverlag, der eine Redaktionsassistenz und eine Backup für die Grafik suchte. Redaktion und ein Fachthema – Quereinstiege auf jeder Ebene. Ich hatte den Mut, mich darauf einzulassen – und es hat sich gelohnt.


13. 2012: Meine Redaktion

Direkt voll rein! Mein Abenteuer fing gleich mit der Leitmesse der Branche an und es war ein Segen. Denn wo lernt man schneller die Menschen und Firmen kennen, über und für die man schreiben soll. Und weil ich auch das Gestalten nicht lassen konnte, organisiere, schreibe und gestalte ich bis heute “mein” Fachmagazin. Das Projekt wurde seit 2012 an zwei Verlage verkauft. Ich bin mitgewandert, denn mein Herz hängt dran.


14. Immer: Online transformiert und digital vernetzt

Die Welt ist im Wandel … Mit einem reinen Printmagazin kommt man heute nicht mehr weit. Also auf ins große Internet. Natürlich bin ich privat schon lange online aktiv. Jetzt bin ich eben nicht mehr nur privat. Das erweitert das Netzwerk enorm, schränkt mich aber auch ein, denn ich überlege wirklich zwei Mal, ob ich einen Inhalt der Öffentlichkeit zumuten kann. Bekloppt, ich weiß …

Meine Instagram-Übersicht – hier fällt mir das Teilen von persönlicheren Inhalten leichter als beispielsweise bei Facebook oder in einem Blog.

15. 2021: Fern studiert … online

Um dem ganzen Online-Kram wieder eine Basis zu geben, habe ich mich entschlossen, noch einmal die Schulbank zu drücken und meine Fähigkeiten in der Online-Redaktion zu festigen. Wer hätte gedacht, dass ich dann mit noch mehr Interessen und Begeisterung für weitere Formate rauskomme? Ich jedenfalls nicht! Es hat meinen Horizont extrem erweitert. 


16. Heute: Einfach machen!

Einfach machen, das fällt mir nicht immer leicht. Ich hab’s trotzdem getan. Es sind Erfahrungs- und Erkenntnisschätze, die sich über die Jahre und Stationen angesammelt haben. Ich möchte diese Schätze teilen, auf vielen Wegen. In einem Rahmen, den die Arbeit vorgibt, aber auch ganz frei, wenn es um persönliche Dinge geht. Mein Blog soll die Basisstation dafür sein. Ich will Wissen weitergeben, inspirieren, verblüffen – in Kontakt sein und mich zeigen.

Und jetzt mach’ ich das einfach …

Das Leben ist schön! Mit offenen Augen durch die Welt gehen, wahrnehmen, dabei sein und etwas bewegen …

Dieser Artikel ist im Rahmen der BoomBoomBlog Challenge von Judith Peters / Sympatexter entstanden. Fast 2.000 Teilnehmer haben innerhalb einer Woche einen Beitrag zum Thema “Wie ich wurde, was ich bin” erarbeitet und zeitgleich veröffentlicht.

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Von Claudia Jahn

Grafikerin mit Liebe zum Text – zu jeder krativen Schandtat bereit.

3 Antworten auf „Wie ich wurde, was ich bin: Mein Weg zur schreibenden Grafikerin“

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